Gruppe von Menschen bei einem Meeting, einer hält ein Handy.

Beim Thema Diversität geht es nicht nur um Herkunft oder Geschlecht. Ein wichtiger Anlass zu handeln ist Neurodiversität am Arbeitsplatz. 
Unternehmen erkennen zunehmend das Potenzial neurodiverser Talente. Sie haben verstanden, dass Neurodiversität, zu der unter anderem Autismus, ADHS und Legasthenie zählen, einzigartige Denkweisen und Perspektiven mit sich bringt, die nicht als Einschränkungen, sondern als wertvolle Vielfalt betrachtet werden sollten. Der Begriff Neurodiversität beschreibt die natürlichen Unterschiede in der Funktionsweise und im Verhalten des menschlichen Gehirns, während neurotypische Menschen jene sind, deren neurologische Veranlagungen den gesellschaftlichen Normen entsprechen. Durch die Förderung neurodiverser Talente eröffnen Unternehmen sich nicht nur neue Perspektiven und entwickeln innovative Lösungsansätze, sondern erschließen auch einen bisher weitgehend ungenutzten Talentpool. 

Zukunftsorientierte Unternehmen machen sich diesen Erkenntnisgewinn zunutze, indem sie ihre Arbeitsplätze umgestalten und neurodiverse Menschen anziehen und fördern. Werfen wir einen genaueren Blick auf die Welt der Neurodiversität: ihre Herausforderungen, Vorteile und bewährte Praktiken für die Beschäftigung neurodiverser Mitarbeiter.

Verpasste Chancen: Ausgrenzung hat einen hohen Preis

Untersuchungen haben ergeben, dass Teams mit neurodiversen Fachleuten in bestimmten Funktionen einen Produktivitätsschub von bis zu 30% verzeichnen! Die Zusammenarbeit mit neurodiversen Kollegen steigert nicht nur die Leistung, sondern auch die Moral im Team erheblich. Dennoch ist Neurodiversität am Arbeitsplatz für viele Unternehmen noch Neuland. Sie laufen Gefahr, den Wettbewerbsvorteil der Neurodiversität zu verpassen 

Neurodiverse Menschen, bei denen z.B. Autismus diagnostiziert wurde, sehen sich bei traditionellen Einstellungsverfahren und am Arbeitsplatz mit besonderen Hindernissen und  Vorurteilen konfrontiert. In Europa leben schätzungsweise fünf Millionen Menschen mit Autismus, doch ihre Beschäftigungsquote liegt bei weniger als 10% und damit deutlich unter der Quote von Menschen mit oder ohne Beeinträchtigung (47% bzw. 72%). Diese Diskrepanz zeigt deutlich, vor welchen Herausforderungen neurodiverse Menschen stehen, wenn sie eine sinnvolle Beschäftigung finden wollen. 

Zu den besonderen Herausforderungen von neurodiversen Menschen zählen mitunter: 

  • Schwierigkeiten beim Lesen von nonverbalen Signalen: Gesichtsausdrücke und Körpersprache können manchmal verwirrend sein und zu sozialen Missverständnissen führen. Für neurodiverse Menschen kann dies eine besondere Herausforderung darstellen. 
  • Sensorische Herausforderungen: Helles Licht, laute Geräusche oder starke Gerüche, die von anderen vielleicht nicht wahrgenommen werden, könnten zusätzlich die Sinne von neurodiversen Menschen überstrapazieren.  
  • Informationsüberfluss: Viele neurodiverse Menschen fühlen sich überwältigt, wenn sie mit zu vielen Informationen gleichzeitig konfrontiert werden. 
  • Emotionale Erschöpfung: Die ständige Anpassung an Umgebungen und Erwartungen kann für neurodiverse Menschen sehr anstrengend sein. 
  • Mangelndes Verständnis: Ein Gefühl der Isolation am Arbeitsplatz entsteht, wenn der Arbeitgeber unaufmerksam ist und nicht die nötige Unterstützung bietet. 

Sie möchten einen wirklich neurodiversen Arbeitsplatz aufbauen? Dann ist es an der Zeit Ihren Einstellungsprozess zu überdenken. Veraltete Verfahren, von unzugänglicher Technologie bis hin zu Vorurteilen (die sogar in KI-Tools versteckt sind!), können neurodiverse Kandidaten ungewollt ausschließen. Auch starre Unternehmensstrukturen und wenig flexible Arbeitsumgebungen stellen Hindernisse dar. 

Doch damit noch nicht genug: Neurodivergente Arbeitssuchende werden mit einem schädlichen Stigma und unbewussten Vorurteilen konfrontiert. Dies schränkt nicht nur ihre beruflichen Möglichkeiten ein, sondern kostet das Unternehmen auch einzigartige Talente. Selbst altbewährte Rekrutierungsmethoden berücksichtigen diesen Talentpool möglicherweise nicht. 

Vorteile einer neurodiversen Arbeitnehmerschaft

Auch wenn neurodiverse Menschen am Arbeitsplatz mit besonderen Herausforderungen konfrontiert werden können, lassen sich die Vorteile der Förderung eines neurodiversen Arbeitsplatzes nicht ignorieren. Zukunftsorientierte Unternehmen betrachten die Einbeziehung neurodiverser Menschen als Schlüssel zu Innovation und Problemlösung. 

Vielfältige Sichtweisen sind im Geschäftsleben von unschätzbarem Wert, was in einem erfolgreichen Unternehmen auch für neurodiverse Talente gelten sollte.  

Teams, in denen Menschen mit den unterschiedlichsten Erfahrungen, Hintergründen und Denkweisen zusammenarbeiten, gehen mit Problemsituationen kreativer um und entwickeln innovativere Lösungen. Wenn die Mitglieder eines Teams Herausforderungen aus verschiedenen Perspektiven betrachten, können sie ein breiteres Spektrum an Ideen entwickeln, potenzielle Probleme vorhersehen und Chancen erkennen, die andernfalls vielleicht übersehen würden. Diese Art des innovativen Denkens trägt häufig zu Verbesserungen von Produkten, Dienstleistungen und Kundenerfahrungen bei. 

Außerdem haben Unternehmen, die sich wirklich für Diversität und Inklusivität einsetzen, eine zufriedenere und engagiertere Arbeitnehmerschaft. Wenn Menschen sich wertgeschätzt und unterstützt fühlen, sind sie motivierter, produktiver und loyaler. 

Fallstudien: Neurodiversität am Arbeitsplatz

Lassen Sie uns einen Blick auf zwei Unternehmen werfen, in denen neurodiverse Talente einen echten Unterschied machen: 

Dell: Tech-Riese erschließt ungenutzte Potenziale 

Angesichts des angespannten Arbeitsmarktes im Technologiebereich und dem konstanten Innovationsbedarf hat Dell 2018 ein bahnbrechendes Programm ins Leben gerufen, um neurodiverse Arbeitstalente anzuziehen und einzustellen. Das Unternehmen überarbeitete seinen Einstellungsprozess, bot neuen Mitarbeitern ein professionelles Coaching an, schulte seine Führungskräfte und baute somit ein auf Unterstützung ausgerichtetes Arbeitsumfeld auf. Die Fluktuationsrate bei Mitarbeitern, die im Rahmen des Programms aufgenommen wurden, liegt unter dem Branchendurchschnitt. Der Erfolg von Dell inspirierte Unternehmen wie VMware, die diesem Beispiel bereits folgten. 

Aviva: Die Früchte der Diversität ernten. 

Der Versicherungsriese Aviva wollte zwei Dinge tun: zum einen seine bereits beschäftigten neurodiversen Mitarbeiter besser unterstützen und zum anderen an der Erschließung dieses einzigartigen Talentpools arbeiten. Im Jahr 2019 ging das Unternehmen eine Partnerschaft mit dem auf Neurodiversität spezialisierten Unternehmen Exceptional Individuals ein, um das Bewusstsein für Neurodiversität zu stärken und das Unternehmen inklusiver zu organisieren. 

Die Lösung umfasste: 

  • Aviva bietet einen neurodiversitätsfreundlichen Einstellungsprozess mit einem Schritt-für-Schritt-Leitfaden für Bewerber, der Tipps, Anleitungsvideos und zusätzliche Unterstützungslinks während des gesamten Bewerbungsverfahrens umfasst 
  • Schulungen zum Thema Neurodiversität für über 200 Aviva-Mitarbeiter 
  • Workshops und Webinare für ein tiefergehendes Verständnis 
  • Persönliche Unterstützung für Mitarbeiter 

Aviva hat zudem ein Quantum-Praktikumsprogramm ins Leben gerufen, um neurodiverse Talente in ihr Data-Science-Team zu integrieren. 

Wie Sie einen neurodiversen Arbeitsplatz aufbauen

Die erfolgreiche Rekrutierung und Unterstützung neurodiverser Mitarbeiter ist nur möglich, wenn sich Unternehmen in allen Bereichen für inklusive Praktiken einsetzen. Im Folgenden sind die wichtigsten Schritte zur Förderung eines neurodiversen Arbeitsplatzes aufgelistet. Diese Faktoren ermöglichen es jedem, sein volles Potenzial zu entfalten: 

Inklusive Einstellungspraktiken: Über das Vorstellungsgespräch hinaus

In herkömmlichen Vorstellungsgesprächen bekommen neurodiverse Kandidaten oft nicht die Gelegenheit, sich zu profilieren. Hier sind ein paar Alternativen, die sich auf die Stärken dieser Bewerber konzentrieren: 

  • Arbeitsproben: Erleben Sie ihre Fähigkeiten in der Praxis. Geben Sie den Bewerbern eine in ihrem Job übliche Aufgabe, wie z.B. Programmieren, Schreiben, Datenanalyse usw. 
  • Aufgaben zu Problemlösungen: Umschreiben Sie eine praxisnahe und für die Tätigkeit relevante Herausforderung. So erfahren Sie, wie die Bewerber denken, wie innovativ sie sind und wie sie Probleme angehen.  
  • Probezeiten: Bieten Sie den Bewerbern die Möglichkeit ihre Eignung für die Stelle und das Arbeitsumfeld innerhalb eines kurzen Zeitraums unter Beweis zu stellen. Dieser praktische Ansatz bietet Einblicke in den Arbeitsstil, die Fähigkeiten und die Anpassungsfähigkeit der Bewerber. 

Neurodiverse Mitarbeiter zum Erfolg führen 

Jeder Mitarbeiter ist einzigartig. Neurodiverse Menschen haben an ihrem Arbeitsplatz möglicherweise besondere Bedürfnisse oder Vorlieben. Hier einige zu berücksichtigende Strategien: 

  • Flexibilität bei Arbeitsstilen und -umgebungen: Wenn Sie keine Gegenstände wie Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung zur Verfügung stellen können, dann erlauben Sie es Ihren Mitarbeitern ihre eigenen zu benutzen. Wenn ein Kollege im Büro Kopfhörer oder ähnliche Accessoires nutzt, minimiert er damit Ablenkungen. Er tut dies, um sich besser konzentrieren zu können und nicht um soziale Begegnungen zu vermeiden. Fördern Sie eine Kultur des Verständnisses und der Unterstützung individueller Bewältigungsstrategien. Sie können auch spezielle Ruhezonen für konzentriertes Arbeiten oder Entspannung anbieten und Ihren Mitarbeitern  verschiedene Sitzmöglichkeiten wie Yogabälle, Stehpulte oder gemütliche Stühle zur Verfügung stellen. Ermutigen Sie alle Mitarbeiter, ihren Arbeitsbereich individuell zu gestalten, um Komfort und Produktivität zu maximieren. 
  • Offene Kommunikation und regelmäßige Besprechungen: Fördern Sie den offenen Dialog, um die individuellen Bedürfnisse, Stärken und Herausforderungen jedes einzelnen Mitarbeiters zu erkennen. Regelmäßige Besprechungen bieten die Möglichkeit, Unterstützung anzubieten, Fortschritte zu diskutieren, notwendige Anpassungen vorzunehmen und fördern somit ein erfolgreiches Arbeiten. 
  • Zugang zu Ressourcen und Unterstützung: Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiter Zugang zu benötigten Ressourcen haben, damit sie ihre Arbeit optimal erledigen können. Dazu können Hilfsmittel, berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten oder die Vermittlung von Mentoren oder Mitarbeitergruppen für zusätzliche Unterstützung und Beratung zählen. 
  • Mentoren oder Job-Coaches: Wenn Sie neurodiversen Mitarbeitern einen engagierten Mentor oder Coach zur Seite stellen, kann das eine große Wirkung erzielen: vom Verständnis für unausgesprochene soziale Regeln bis hin zur Entwicklung von Strategien für Zeitmanagement oder Reizüberflutung. 

Ausbilden, kommunizieren und feiern

Das Bewusstsein für Neurodiversität zu verstehen und zu würdigen ist entscheidend für einen wirklich inklusiven Arbeitsplatz. Sie erreichen dieses Ziel mit: 

  • Schulungen für das gesamte Unternehmen: Dies hilft allen Mitarbeitern, sich auf einen neurodiversen Arbeitsplatz einzustellen. Denken Sie darüber nach, Schulungen auf verschiedene Arten anzubieten (Workshops, Webinare usw.), um den unterschiedlichen Lerngewohnheiten der Menschen gerecht zu werden. 
  • Offenen Dialogen: Schaffen Sie Raum für offene Gespräche über Neurodiversität. Check-Ins, Umfragen und offene Foren geben den Mitarbeitern eine Stimme. So erfahren Sie, was notwendig ist und wo Sie Erfolge feiern können. 
  • Auf Neurodiversität ausgerichtete ERGs: Employee Resource Groups (ERGs), die sich auf Neurodiversität konzentrieren, bieten sichere Räume für Unterstützung, Lernen und positiven Wandel. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung von Richtlinien und Initiativen, von denen neurodiverse Mitarbeiter unmittelbar profitieren. 

Flexibilität und Vertrauen 

Flexible Regelungen können für neurodiverse Mitarbeiter einen großen Unterschied machen. Ziehen Sie die folgenden Möglichkeiten in Betracht: 

  • Möglichkeiten zum Remote Work: Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern, in einer kontrollierbaren Umgebung zu arbeiten, um potenzielle Stressfaktoren zu minimieren. Dies kann besonders für diejenigen hilfreich sein, die traditionelle Büros als erdrückend oder störend empfinden. 
  • Flexible Arbeitszeiten: Ermöglicht das Arbeiten in Phasen maximaler Leistungsfähigkeit, wodurch Produktivität und Wohlbefinden gesteigert werden. Für einige Mitarbeiter bedeutet dies mitunter einen früheren oder späteren Arbeitsbeginn oder häufigere Pausen über den Tag verteilt. 
  • Autonomie bei der Aufgabenverwaltung: Indem Sie Ihren Mitarbeitern ermöglichen, ihre Aufgaben eigenständig zu verwalten, fördern Sie Vertrauen und steigern Sie die Produktivität. Außerdem führt die Anerkennung individueller Arbeitsweisen zu besseren Ergebnissen. 

Stärkung von Führungskräften für Diversität

Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung jedes einzelnen Mitarbeiters. Vermitteln Sie ihnen folgende wichtige Kenntnisse: 

  • Verständnis für neurodiverse Bedürfnisse: Bieten Sie Schulungen zu Autismus, ADHS usw. an. Informieren Sie sie auch darüber, wie sich diese verschiedenen Beeinträchtigungen auf die Arbeitserfahrung eines Mitarbeiters auswirken können. 
  • Schulungen zum Umgang mit neurodiversen Mitarbeitern: Vermittelt Führungskräften spezifische Fähigkeiten wie klare Kommunikation, konstruktives Feedback und die Kompetenz, Menschen individuelle Arbeitsregelungen anzubieten. 
  • Veränderungen selbstbewusst gestalten: Schulen Sie Führungskräfte darin, potenzielle Hindernisse für die Integration am Arbeitsplatz zu erkennen. Ermutigen Sie sie dazu, ihre Stimme für Veränderungen einzusetzen, die allen Mitarbeitern zugutekommen und den Arbeitsplatz integrativer gestalten. 

Neurodiversität am Arbeitsplatz zu fördern ist nicht nur richtig, sondern auch unternehmerisch äußerst sinnvoll. Indem Unternehmen die einzigartigen Stärken neurodiverser Menschen nutzen, fördern sie Innovation, verbessern Problemlösungsfähigkeiten und schaffen einen Arbeitsplatz, an dem sich jeder wertgeschätzt fühlt. 

Obwohl der Wettbewerbsvorteil von Neurodiversität überzeugt, verfügen nicht alle Unternehmen über die erforderlichen Ressourcen zur Umsetzung. Und genau hier kommt Michael Page ins Spiel: Wir verfügen über das Fachwissen und die Ressourcen, um Sie bei einem wirklich inklusiven Einstellungsprozess zu unterstützen.